Warum mein Mann die Brötchen nach Hause bringt…

Das Leben als Frau ist manchmal ziemlich unfair. Es gibt oft so kleine Dinge im Alltag, die nerven. Zum Beispiel die Annahme, dass Männer mit dem Alter „wie ein guter Wein immer besser werden“ – einfach reifer und schöner, während das Verfallsdatum von Frauen bei 30 liegt. Dann heißt es: „Für ihr Alter hat sie sich ja noch ganz gut gehalten!“. Das gleiche Phänomen kann man nach der Geburt eines Kindes beobachten. Frauen verlieren gesellschaftlich gesehen eher ihre Anziehungskraft, während Männer einen wahren Attraktivitäts-Boost erleben.

Wenn mein Mann mit dem Kinderwagen loszieht, dann geht das Dauergegrinse auf dem Gehweg los. Jede zweite Passantin lächelt verzückt. Oh, ein Mann mit Baby. Oh, ein Mann mit Kinderwagen. Auf dem Spielplatz zieht er die Blicke der Mütter auf sich, wenn er mit unserer Tochter schaukelt. Hier ein Lächeln, da ein Nicken und dort ein kleiner Schnack. Beim Babyschwimmen bieten ihm ständig irgendwelche Muddis übereifrig Hilfe an und loben, wie toll er und die Kleine das alles so machen. Und beim Bäcker freuen sich die Verkäuferinnen jeden Morgen auf seinen Besuch. Ungefragt landen nun täglich zwei gratis Milchbrötchen in der Tüte. How charming.

Letztens war ich beim Bäcker. Kein Grinsen. Keine Begrüßung. Keine Milchbrötchen in der Tüte. Ich war freundlich und habe sogar extra laut den Namen unserer Kleinen gesagt. Die müssen sie ja kennen – dachte ich. Keine Reaktion. Nichts.

Beim Babyschwimmen halten mir die anderen Muddis meist nicht mal die Tür zur Dusche auf und ein Lob für meine tolle Performance habe ich dort auch noch nie bekommen. Eher ernte ich hochgezogene Augenbrauen, wenn mein Bikinioberteil beim Toben verrutscht und wenn ich zwei Minütchen zu spät im Begrüßungskreis erscheine, wird mir zugeraunt: „Oh, heute mal wieder im Verzug?“

Auch auf dem Spielplatz bewundert mich niemand dafür, wie toll ich mit meiner Tochter spiele und beim Spazierengehen grinsen mich meist nur Senioren an. Wenigstens etwas. Die jungen knackigen Jogger in ihren hautengen Höschen finden mich hingegen jetzt nicht plötzlich mega supi, weil ich einen Kinderwagen vor mir herschiebe. Was ist da los?

Nur mal vorweg: Ich gönne meinem Mann diese kleinen netten Erlebnisse im Alltag. Es ist schön, dass ihm so viel Freundlichkeit entgegenschlägt. Allerdings wundere ich mich, warum es alle so knuffig finden, wenn ein Mann alleine mit einem Kind unterwegs ist. Ist das immer noch so außergewöhnlich? Mein Mann würde jetzt sagen, dass die ganzen Muddis so nett sind, weil er eben ein super Typ ist. Klar, ist er ja auch, aber dennoch steckt da wohl noch etwas anderes hinter. Männer mit Babys lösen beim weiblichen Geschlecht irgendetwas aus. Ich erinnere mich da an dieses mega kitschige 80er Jahre Poster in schwarz-weiß, das einen durchtrainierten Mann mit Baby auf dem Arm zeigt (http://en.m.wikipedia.org/wiki/L’Enfant_(poster)). Das Teil war ein Verkaufsschlager und zierte tausende Jugendzimmer-Wände. Obwohl ich ja immer den Typen in der Latzhose und den beiden Autoreifen besser fand. O.K, ich weiß: Off-Topic.

Um ein bisschen Gleichberechtigung an die Grinse-Front zu bringen und damit auch Muddis sich im Alltag gut fühlen, lächel ich nun auch mal häufiger andere Frauen mit Kind an. Und: es wirkt. Letztens kam mir eine Frau mit dem gleichen Kinderwagen, ähnlich tiefen Augenringen und einem identischen Kaffeebecher in der Hand entgegen. Beim Vorbeigehen habe ich ihr „Prost“ zugerufen und meinen Becher gehoben. Erst schaute sie irritiert und sogar leicht pikiert, aber dann haben wir Beide herzhaft gelacht.

Deshalb steht mein nächstes Ziel fest: Gratis Milchbrötchen beim Bäcker!

Es gibt übrigens eine Blogparade zu dem Thema ‚Von überragenden Vätern und normalen Müttern‘ mit tollen Texten: http://runzelfuesschen.blogspot.de/2015/02/von-uberragenden-vatern-und-normalen.html

8 Antworten auf „Warum mein Mann die Brötchen nach Hause bringt…

  1. Hihi. Bei dem Titel habe ich erst an ein ganz anderes Thema gedacht – sehr gut! 🙂
    Was Du beschreibst, ist mir auch schon ganz oft aufgefallen. Und noch mehr ärgert es mich ja, wenn bewundernde Kommentare à la „Wie toll Du das machst!“ (in Richtung des Mannes natürlich!) von der Familie kommen.
    Aber ärgern wir uns nicht, sondern prosten und lächeln unseren Mit-Müttern lieber verschwörerisch auf dem Spielplatz oder beim Spazieren gehen zu – das find ich gut! 🙂

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    1. Erst gestern habe ich es wieder beim Babyschwimmen erlebt. Ein Vater kommt in die Gruppe und alle Mütter applaudieren, wie toll er doch die Übungen mit dem Kind macht. Hinterher fragte eine Muddi ganz interessiert, warum er das denn so toll könne. Er sagte dann, dass er mit seinem ersten Kind immer beim Babyschwimmen gewesen sei, aber der Kurs morgens sei ja nun bei Männern immer generell schwierig, weil diese ja erfahrungsgemäß arbeiten gehen müssten…Ich frage mich manchmal, was diese Frauen alles für Männer daheim haben, dass sie das so geil und außergewöhnlich finden, wenn sich mal einer ums Kind kümmert….

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      1. Das stimmt schon. Andererseits weiß ich auch noch ganz gut, dass ich „früher“ – in der Zeit vor dem kleinen Mann (OT: Kennst Du diese „Zeitrechnung“?: Alles wird in „vor“ und „seit“ dem Kind eingeteilt…) – auch manchmal Männern mit kleinen Kindern oder Babys versonnen und verträumt nachgeschaut habe. Woher das kommt? Keine Ahnung.

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  2. Du schreibst mir aus dem Herzen =) Manchmal wünsche ich mir ebenfalls wenigstens einen Bruchteil der Bewunderung, die mein Mann einsackt, auch für mich;) Aber sei es unseren Männern gegönnt 😀 Bin ja auch sehr froh, dass meiner durchaus zu der Sorte Mann gehört, die sehr gut mit Kindern umgehen kann =) Und um in Sachen ,,Gleichberechtigung an der Grinse-Front“ voranzukommen, einfach mal bei sich selbst anzufangen, und andere Mütter mit Kindern freundlich zu begegnen, selbst wenn man sie nicht kennt, halte ich auch für die beste Strategie =)

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  3. Hach Giusi,

    was für ein wunderbarer Blogpost – und so wahr! Aber Du hast Recht: man sollte auch bei diesem Thema bei sich selbst anfangen – dann klappts bestimmt auch bald mit dem extra Milchbrötchen! 😊

    Ich drück Dich!
    Sabrina

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